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Artikel in HKM 10/1998:

Höhlen im Lueg-Talschluß und im Dürrenstein-Nordhang (Teil 1)

von Reinhard und Walter Fischer

Im Zuge einer Geländebegehung im Bereich des Dürrenstein-Nordhanges am 6.8.1997 gelang den Verfassern die Auffindung eines interessanten Höhlengebietes von dem die ersten fünf Objekte im folgenden Bericht beschrieben sind.
Die Höhlen liegen im Talschluß und in der südlichen Begrenzung des Lueg, eines Karsttales, welches 200 Höhenmeter oberhalb des Obersees ansetzt und die Verlängerung des Seetales darstellt. Im Norden wird das Lueg (auch: "Im-Lug") durch Steilabfälle von Predigtstuhl und Springkogel begrenzt; südlich durch den Dürrenstein-Nordhang.
Der Zustieg erfolgt am besten vom markierten Weg von der Ybbstalerhütte zum Dürrensteingipfel. Man verläßt den Weg unmittelbar nach einer kleinen Kuppe in ca. 1660 m Seehöhe (200 m östlich der Kote 1702 in ÖK50/71) und folgt einem von Weidevieh gut ausgetretenen Steig auf eine Wiesenfläche am Springkogel Südabhang. Eine südwärts ziehende Latschengasse vermittelt hier den Zustieg zum steil abfallenden, eindrucksvollen Lueg-Talschluß. In südöstliche Richtung absteigend erreicht man unter einer Blockanhäufung eine schmale, von Latschen flankierte Steilrinne. Am Fuß von südlich unterhalb der Rinne ansetzenden Felsbildungen öffnet sich der

Höhlischacht (1815/296, Sh 1595 m, L 6 m, H -5 m).
Die Namensgebung erfolgte nach dem zweiten Aliasnamen des Entdeckers Wolfgang "Atlas" "Höhli" Fahrenberger. Vom dreieckförmigen Einstieg mit 1 m Seitenlänge klettert man 2 m auf einen blockigen Absatz hinab. Nach weiteren 2 m wird der abfallende, erdige Schachtgrund erreicht. Am tiefsten Punkt setzt zwischen Blockwerk eine einige Meter abwärtsführende, unschliefbare Spalte an.

Die Vermessung erfolgte am 25.7.1998 durch die Verfasser.

Hält man sich vom Höhlischacht nach Süden, erreicht man nach 20 m eine weitere Steilrinne. Etwa 30 m südwestlich oberhalb befindet sich eine auffallende Grenzmarkierung. Die Rinne absteigend, gelangt man in den imposanten Felskessel des Lueg-Talschlusses. Verfolgt man den Wandfuß in südliche Richtung, kommt man nach 20 m leicht ansteigend zur

Auslughöhle I (1815/297ab, Sh 1590 m, L 21 m, H 11 m).
Vom niederen, 3 m breiten, unteren Eingang (a) leitet eine kurze Kriechstrecke in einen 5 m hohen Raum, von dem ein Schluf mit Blockboden noch 2 m weiterzieht. An der Decke des Raumes mündet mit einer engen Spalte ein überlagernder Höhlenteil ein, der aber durch einen eigenen Einstieg (b), welcher sich auf einem abschüssigen Felsband 11 m oberhalb von Eingang (a) öffnet, einfacher erreichbar ist. Das Felsband ist von Süden her in leichter Kletterei zugänglich. Vom Eingang (b) zieht ein erdiger Schluf, in dessen Mittelteil ein 5 m tiefer Schacht mit knapp 1 m Durchmesser ansetzt, 4 m weit bergwärts. Am Grund des kletterbaren, mit bescheidenen Tropfsteinbildungen geschmückten Schachtes mündet eine enge Spalte in den unteren Höhlenteil.

Dieses Objekt wurde von den Verfassern am 7.8.1997 bearbeitet.

Entlang des Wandfußes weiter ansteigend, wird nach 20 m ein sehr steiler Felskessel erreicht, in dessen sperrender Wand bereits das große, 15 m über dem Wandfuß liegende und nur in schwieriger Kletterei zugängliche Portal der

Auslughöhle II (1815/298, Sh 1615 m, L 9 m, H +4 m)
erblickt werden kann. Vom 7 m breiten, 3,5 m hohen, schrägelliptisch profilierten Portal zieht ein Gang über Sedimente ansteigend mit abnehmenden Dimensionen bergwärts. Die südliche Raumbegrenzung wird durch eine steile Felsplatte gebildet.

Die Vermessung erfolgte am 25.7.1998 durch die Verfasser.

Von hier folgt man unterhalb des Wandfußes bescheidenen Steigspuren, die nach etwa 150 m nach Überqueren eines schmalen, sehr steilen Geröllgrabens in den Dürrenstein-Nordhang leiten. Der Dürrenstein-Nordhang ist durch zahlreiche Felsstufen mit dazwischenliegenden Wiesen- und Latschenbändern sowie durch Karrenfelder und Blockanhäufungen geprägt. Entlang der schwachen Steigspuren quert man auf einem Absatz etwa 150 m nach Osten und steigt dann zu einer markanten Blockanhäufung ab, wo sich die Eingänge in den

Aperitifschacht (1815/299ab, Sh 1610 m, L 40 m, H -12 m)
befinden. Die beiden Eingänge liegen am Fuß einer Felsstufe, unmittelbar südlich der Blockanhäufung. Der östliche Einstieg (a) besteht aus einer 7 m mal 4 m messenden Einsenkung in der große Blöcke lagern. Westlich schließt ein Höhlenportal an, von dem an der Trauflinie der Schacht 10 m tief abbricht. Aus der Einsenkung kann man zwischen Blockwerk in eine Unterlagerung hinabschlüpfen, die ebenfalls in den Schacht mündet. Am Tag der Vermessung war der Schacht zur Gänze mit Schnee erfüllt. Lediglich in einer kurzen Kluftfortsetzung an der nordwestlichen Raumbegrenzung erlaubte eine schmale Randkluft den Abstieg zum Grund des Schachtes, dem ostwärts noch ein 4 m langer, 2 m hoher Raum angeschlossen ist. Traversiert man den Schacht auf Simsen in der südlichen Raumbegrenzung, gelangt man auf einen steil ansteigenden Absatz mit Schuttboden, von dem ein enger Schluf zum halbhöhlenartigen, 6 m breiten und 3 m hohen Eingang (b) leitet.

Der Aperitifschacht wurde am 6.8.1997 von den Verfassern vermessen.

Das Steiglein auf Felsabsätzen und Bändern, einen sperrenden Latschenwall übersteigend, weitere 200 m in östliche Richtung verfolgend, kommt man nach der Querung eines großen Schuttfeldes zu bedeutenden Felsformationen. Einen Felsriegel unten umgehend, erreicht man eine mit Blöcken erfüllte Einsenkung von der eine Rinne zu den sperrenden Wänden aufwärtszieht. Am Wandfuß befindet sich der Eingang in die

Im-Lug-Höhle (1815/300, Sh 1590 m, L 246 m, H 66 m (-50 m, +16 m)).
Vom nordschauenden, 4,5 m breiten und 3 m hohen, aber erst aus unmittelbarer Nähe einsehbaren Portal führt ein 3 m breiter Gang 14 m in die Eingangshalle abwärts. Neun Meter vom Eingang entfernt befindet sich bei zwei großen, nahezu die gesamte Gangbreite einnehmenden Blöcken eine kurze Bückstelle mit nur 1 m Höhe. An der Südostecke der etwa 4 m mal 5 m messenden, 12 m hohen Eingangshalle, deren Boden mit zum Teil grobem Blockwerk bedeckt ist, ist es möglich, zwischen einigen labilen Blöcken in eine Fortsetzung hinabzuschliefen. Der folgende Gang leitet mit zunehmenden Dimensionen 13 m weit in eine knapp 4 m breite und 2,5 m hohe Erweiterung abwärts. Der Boden, anfangs aus Feinschutt und Blockwerk bestehend, wird in der Raumerweiterung hauptsächlich aus lehmigen Sedimenten gebildet. Durch einen kurzen Kriechgang ist ein Schlotraum zugänglich, der bis in 9 m Höhe erklettert werden kann ehe er jäh endet. Im südlichen, geräumigeren Ast des im unteren Bereich zweigeteilten Schlotes ist eine markante, mehrere Meter hohe Wandsinterformation erwähnenswert. Unterhalb der Sinterfigur setzt ein Schluf an, der mit einer labilen, 2 m tiefen Stufe in den feucht-lehmigen, bis 5 m hohen Endraum dieses Nord-Süd entwickelten Höhlenteils abbricht. Am tiefsten Punkt des Raumes (-22 m) befindet sich bei einem - eine allfällige Fortsetzung verschließenden - Lehmwall eine kleine Wasseransammlung. Am Tag der Vermessung (7.8.1997) herrschte hier rege Tropfwassertätigkeit.
Die Hauptfortsetzung nimmt ihren Anfang jedoch oberhalb einer schwierig kletterbaren, 7 m hohen Wandstufe in der Südwestecke der Eingangshalle. Hier wurden in einer Senke im Bodenblockwerk Knochen sowie ein Geweih aufgefunden, die - laut Erzählung eines Göstlinger Bauern - möglicherweise von einem angeblich in den 20er Jahren gewilderten, kapitalen Hirsch stammen.
Von einem kleinen, abschüssigen Absatz oberhalb der Kletterstelle leitet ein blockiger Schluf in einen bis 3 m hohen, schmalen Canyon, der in einen 12 m tiefen Blindschacht abbricht. Einige Meter über dem Schachtgrund befindet sich bei einem Absatz mit einer unschliefbaren Spalte eine Verbindung zur Eingangshalle. Den Schacht überspreizend, ist eine Kammer mit 3 m Durchmesser und 8 m Höhe, von welcher mehrere Fortsetzungen weiterführen, zugänglich. Im Süden setzen in einer Nische zwei engräumige, nur schliefend befahrbare Canyonstrecken an. Knapp nach Beginn des in östliche Richtung ziehenden Canyons, der mit einem unbefahrbaren, spitzwinkeligen Knick im Deckenbereich zwischen Eingangshalle und Blindschacht ausmündet, nimmt eine weitere, sehr enge Strecke, die nach 7 m auf ein schmales Band in einem geräumigen Schacht leitet, ihren Anfang. Über das Band querend, erreicht man in der südlichen Schachtwand eine 3 m hohe Erweiterung mit zahlreichen kolkartigen Auswölbungen, deren rückwärtigem Deckenbereich noch ein nach 6 m unschliefbar werdender Minicanyon angegliedert ist.
Der zweite, in der Nische ansetzende Canyon führt immer enger werdend 7 m nach Westen, wo er auf einem Absatz nördlich des Schachtes ausmündet. Die geräumigste Variante zum Schacht zu gelangen, stellt eine in der westlichen Raumbegrenzung der Kammer, 6 m über dem Boden ansetzende, schwierig erkletterbare, 0,5 m breite und 2 m hohe Kluftstrecke dar. Diese bricht nach zwei Knickstellen bei einem großen Klemmblock in den 5 m mal 1 m messenden, sich nach unten hin erweiternden, insgesamt 13 m tiefen Schacht ab. Auf halber Höhe des Schachtes trifft man auf die bereits beschriebenen Canyoneinmündungen. Aus der Nordwestecke des nördlich des Schachtes gelegenen, blockbedeckten Absatzes, ist es möglich über eine wasserüberronnene, 2 m hohe Stufe in eine schmale Kluft aufwärts zu gelangen. Ein engräumiger Durchschlupf in der Decke erlaubt hier zwischen wackeligen Blöcken den Zutritt in eine teilweise überlagernde Etage. Von einer turmartigen Erweiterung mit einem Wassereintritt aus einer in 3 m Höhe liegenden Nische ist über einen 2 m mal 3,5 m großen Felsblock ein bis 3 m breiter und 6 m hoher Gang erreichbar, der nach einer Biegung in den obersten Bereich des Schachtes - gegenüber vom Klemmblock - abbricht. Beim Beginn des Ganges setzt im Deckenbereich noch eine schmale, bis 3 m hohe Strecke an, die nach 8 m oberhalb einer 2 m hohen Kletterstelle immer niedriger werdend endet (höchster Punkt: +16 m).
Am Grund des Schachtes, wo im Bodenblockwerk ein über die nördliche Schachtwand herabplätscherndes Gerinne verschwindet, beginnt eine 1 m breite und 4 m hohe, abwärtsführende Kluftstrecke, die nach 8 m in einen geräumigen, 15 m tiefen Schacht abbricht. Knapp unterhalb der Abbruchkante tritt abermals das Gerinne ein und ergießt sich in den Schacht um im Bodenschutt zu versickern. Von der Nordostseite des ebenen, 4 m durchmessenden Schachtgrundes leitet ein Gang mit Sedimentboden nach 7 m zu einem weiteren Schacht abwärts. An der linken Raumbegrenzung kann man über eine Felsrampe auf einen 2 m tiefer liegenden Absatz hinabklettern und 10 m bis zu einer Stufe abseilen. In der westlichen Schachtwand öffnet sich eine kurze, 6 m hohe Kluft mit starker Tropftätigkeit. Der Schacht selbst wird durch eine markante Felsrippe geprägt, entlang derer man noch 8 m unschwierig zum eigentlichen Schachtgrund abklettert. Nordöstlich befindet sich ein engräumiger, 5 m tiefer Abstieg in eine Erweiterung mit einer Wasseransammlung, von welcher über einen spitzen Block schliefend, die Endkammer mit 1,5 m Durchmesser zugänglich ist, deren Boden zum Großteil von Wasser und tiefschwarzem Lehm eingenommen wird (tiefster Punkt: -50 m).

Die Vermessung erfolgte am 7.8.1997 durch die Verfasser, am 31.8.1997 durch die Verfasser sowie durch H. Gaischek und R. L. Winkler und am 4.10.1997 durch die Verfasser sowie durch T. Crillovich-Cocoglia, W. Fahrenberger und R. L. Winkler.

Bei den beschriebenen Höhlen wurden durch W. Fahrenberger Alu-Plättchen mit dem Höhlennamen und der Katasternummer angebracht.
Die weiteren in diesem Gebiet aufgefundenen Höhlen sind erst teilweise erforscht und vermessen. Die Arbeiten im Im-Lug-Schacht (1815/302) erbrachten eine vorläufige (Forschungsstand August 1998) Länge von 132 m und einen Höhenunterschied von -87 m. Diese Objekte werden zu einem späteren Zeitpunkt in einem zweiten Teil dieses Berichtes beschrieben.


Eingangshalle in der Im-Lug-Höhle (1815/300)
Foto: Reinhard Fischer

Kletteraufstieg in der Im-Lug-Höhle (1815/300)
Foto: Reinhard Fischer


LinkWeitere Informationen siehe: HKM 4/1999 und HKM 12/1999.


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