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Artikel in HKM 11-12/2011:

Die Mautentalhöhle (1815/375) im Gebiet zwischen Ofenloch und Obersee

von Reinhard und Walter Fischer

Einleitung: Das Gebiet zwischen Obersee und Ofenloch wurde von uns erstmals im September 2008 durchquert, als wir durch das Seetal und weiter über den Reitsteig bis zum Predigtstuhl aufstiegen. Dabei konnten die Nirgendwo-Schächte I und II (siehe HKM 11/2008) aufgefunden werden. Für eine weitere Erkundung des intensiv verkarsteten Geländes blieb damals keine Zeit. Dies sollte nach einem äußerst schneearmen Winter Ende April 2011 durch Michael Behm und die Verfasser nachgeholt werden. Doch eine durchgehende Schneedecke ab einer Seehöhe von etwa 1300 m schränkte die Begehung im Wesentlichen auf die Steilflanken westlich oberhalb des Obersees ein, als kleiner Trost gelang die Auffindung des Nirgendwo-Schlufes. Mehr Glück hatten wir am 13.6.2011, als wir die Mautentalhöhle entdeckten und mit der Vermessung beginnen konnten. Bei zwei weiteren Fahrten im Sommer 2011 wurde die Höhle vollständig erforscht und vermessen. Am 8.9.2011 montierten Wolfgang Fahrenberger und Walter Fischer im Zuge einer Oberflächenbegehung beim Höhleneingang ein Alu-Plättchen mit den eingestanzten Basisdaten und der Katasternummer.

Nirgendwo-Schluf (1815/374)

Basisdaten: L 7 m, H -1 m, Sh 1335 m, ÖK71.
Lage: Die Höhle befindet sich am Fuß einer niederen Felsstufe im unübersichtlichen Gelände zwischen Obersee und Ofenloch, etwa 950 m SSW der Jagdhütte Luckenbrunn bzw. 900 m östlich vom Ofenloch (1815/13).
Zustieg: Vom Schloss Seehof (Kote 618) bei Lunz am See geht man auf der Forststraße (= markierter Weg) durch das Seetal bis zur Klause (Sh 915 m) und von hier im orographisch linken Hang weiter aufwärts über den Reitsteig (Jagdsteig). In einer Seehöhe von 1135 m überquert man die Forststraße und folgt einer abzweigenden Forststraße Richtung Rotmoos knapp 100 m weit. Danach wendet man sich auf den oberen Teil des Reitsteiges, in den neuen Ausgaben der ÖK50/71 nicht mehr eingezeichnet, verfolgt diesen bis in eine Seehöhe von 1210 m und steigt anschließend entlang eines Rückens weglos weiter westwärts auf. Ab etwa 1300 m Seehöhe verflacht sich das Gelände und wird durch zahlreiche Karstgassen, Dolinen und niedere Felsstufen sehr stark gegliedert. Der Einschlupf öffnet sich in einer West-Ost verlaufenden Karstgasse, am Fuß von niederen, nach Norden exponierten Felsbildungen. Etwa 100 m WNW des Nirgendwo-Schlufes befinden sich die Nirgendwo-Schächte I und II (1815/359 u. 360).
Beschreibung: Vom 1,5 m breiten, 0,8 m hohen, nordschauenden Eingang zieht die Strecke leicht fallend in Richtung SSO. Knapp nach dem Eingang ist rechts (westlich) eine blockerfüllte Nische angegliedert. Die Raumhöhe im Schluf liegt zwischen max. 1 m im Mittelteil und 0,4 m knapp vor dem Ende, die Breite beträgt durchschnittlich 1 m. Der Boden ist mit Blöcken und Bruchschutt bedeckt, unter der Trauflinie befindet sich ein kleiner Humuskegel. Ebenso tritt durch eine winzige Deckenspalte beim Ende Humus ein.
Erforschung und Vermessung: Der Nirgendwo-Schluf wurde im Zuge einer Geländebegehung durch M. Behm und R. u. W. Fischer am 25.4.2011 aufgefunden. Die Vermessung erfolgte am 13.6.2011 durch R. u. W. Fischer.

Mautentalhöhle (1815/375)

Basisdaten: L 219 m, H -45 m, He 48 m, Sh 1400 m, ÖK71.
Lage: Die Höhle befindet sich unterhalb eines Jagdsteiges im unübersichtlichen Gelände zwischen Obersee und Ofenloch, etwa 1150 m SW der Jagdhütte Luckenbrunn bzw. 500 m O vom Ofenloch (1815/13).
Zustieg: Wie zu 1815/374. Vom Nirgendwo-Schluf geht man entlang der Karstgasse etwa 200 m westwärts und danach weitere 200 m auf einem nach Westen ansteigenden Rücken. Der Höhleneinstieg befindet sich oberhalb einer Geländestufe, ca. 50 m SSO der Tiefenlinie eines Richtung Ofenloch aufwärts ziehenden Grabens (Mautental) sowie etwa 15 Schrägmeter unterhalb eines querenden Jagdsteiges und ist von diesem gut sichtbar.
Übersicht: Durch den Einstiegsbereich gelangt man abwärts in die obere Etage auf ca. -10 m, die aus kleinräumigen Strecken, angelegt an einem Netz von Kluftkreuzungen, besteht. Unterbrochen durch den geräumigen Hauptschacht, der gestuft weiter zum tiefsten Punkt abbricht, setzt in einer Tiefe von 30 m die nächste horizontale Ebene an. Enge, oft nur im Firstbereich schliefbare Canyons, unterbrochen von einigen Kammern, brechen bei der Gruselgalerie in die nächsttiefere Etage auf ca. -40 m ab. Auf diesem Niveau führt die Strecke weiter bis zu einer unschliefbaren Passage.
Beschreibung: Der Grund des 10 m langen, durchschnittlich 2 m breiten und 3,5 m tiefen Einstiegs kann durch eine Karstgasse an der NW-Seite einfach erreicht werden. Am erdigen Schachtgrund lagern einige große Blöcke und etwa bis zur Jahresmitte auch Schnee. Im Mittelteil setzt an der südlichen Begrenzung ein steil über feuchten Humus und grobes Blockwerk abwärts führender Schluf an. Nach 10 m gelangt man in die mannshohe, bis 2 m breite Einstiegskammer aus der in westliche und östliche Richtung sehr enge Kluftstrecken abzweigen. Östlich abwärts, an einem großen Block vorbeischliefend, ist eine Erweiterung erreichbar von der eine Engstelle mit Naturbrücke in eine weitere, gut 2 m hohe Kluftkammer leitet, die den östlichsten Teil der Höhle darstellt. Ein im Bodenbereich zwischen Blöcken ansetzender Schluf ist unbefahrbar eng.
Knapp vor dem spitz zulaufenden Ende der Eingangskammer ist in westliche Richtung, über einige Blöcke unangenehm abwärts kriechend, eine schmale, 1 m bis 1,5 m hohe Kluftstrecke mit ebenem, trockenem Lehmboden zugänglich. Diese knickt nach 3 m rechtwinkelig nach NNO und mündet nach weiteren 3 m in eine westwärts gelegene Raumerweiterung. Der ebene Raum ist bis 5 m breit und 2 m hoch und wie die Strecken davor an zahlreichen kreuzenden Klüften angelegt. Die Fortsetzung ist ein 1 m breiter, nur 30 cm hoher, 2 m nordwärts führender Schluf, der durch einen Block zusätzlich verengt wird. In der anschließenden Kammer weicht der ebene Lehmboden grobem Blockwerk und eine nach Westen ziehende, schmale, niedere Kluft mit etlichen Klemmblöcken führt nach einem rechtwinkeligen Knick über einige Blöcke abwärts zum Abbruch in den geräumigen Hauptschacht. Von einem schmalen Absatz kann man hier 18 m senkrecht zum Grund des 4 m mal 7 m messenden Schachtes abseilen. Am Grund lagern auf der blanken Felssohle zentral zwei große, rechteckige Blöcke umgeben von vergleichsweise kleinerem Blockwerk. Im südwestlichen Bereich bricht der Schacht mit einem Durchmesser von etwa 2 m in zwei Stufen von 5 m und 10 m Tiefe in eine geräumige, Richtung NNO ziehende Kluft ab, die den tiefsten Punkt der Höhle darstellt, jedoch bereits nach 6 m unbefahrbar eng wird. Absätze im Verlauf des Abstieges sowie der Boden der Kluft sind mit großen Blöcken bedeckt.
An der südlichen Raumbegrenzung kann im Hauptschacht oberhalb des Abstieges zum tiefsten Punkt auf einem Band zu einem Gangansatz gequert werden. Die ziemlich verstürzt wirkende, 1,5 m breite und 4 m hohe Strecke verengt sich nach 4 m oberhalb eines kleinen Absatzes zu einem Schluf, der den Firstbereich eines sehr engen Canyons darstellt. Nach 6 m bricht der Schluf 4 m tief in eine 7 m hohe, 1,5 m breite Kammer ab. Unmittelbar vor dem Abbruch ist es möglich, zum Canyongrund abzuklettern und die Kammer auf einfache Weise zu erreichen. An der Nordseite der Kammer setzt bei einer Stufe eine sehr schmale, steil aufwärts führende Strecke mit sandig-lehmigen Boden an, die in eine abwärts führende schräge Kluft übergeht. Von hier zieht abermals ein Schluf als First eines engen Canyons aufwärts, der nach 3 m in die nächste Kammer abbricht. Der gut 3 m tiefe, überhängende Abbruch, dessen Überwindung ziemlich unangenehm ist, leitet in den rechteckigen, 2 m mal 3 m messenden Raum, dessen Boden großteils von einem markanten zentralen Block eingenommen wird. Von einem nordwärts einige Meter aufwärts führenden Schrägschlot plätschert ein bescheidenes Gerinne in eine kleine Wasseransammlung herab. Der Weiterweg aus der Kammer gestaltet sich - als enger Schluf, der in 3 m Höhe oberhalb einer Blockanhäufung in der SW-Ecke ansetzt - ebenfalls äußerst unangenehm. Auf bzw. neben einem langen, kantigen Block rutscht man in einen abwärts führenden, schrägen Kluftgang, der hinter einigen Blöcken in einen schmalen, 6 m tiefen Schachtschlitz abbricht sowie mit einem kurzen Kriechgang in die Gruselgalerie leitet. Vom Beginn der Gruselgalerie bricht ein 1 m mal knapp 2 m großer Schacht 11 m tief ab. An der Nord- und Westseite kann der Abbruch auf einem schmalen Band gequert und anschließend eine Naturbrücke mit großen, labilen Blöcken erreicht werden. Südlich der Naturbrücke ist es möglich, ohne Material zwischen wackeligen und hacheligen Blöcken sowie stark korrodierten Seitenwänden 7 m tief zum blockbedeckten Grund der Gruselgalerie abzuklettern. Aufgrund der Labilität des Gesteins ist diese Abstiegsvariante nicht empfehlenswert, besser benützt man den zwar sehr engen, aber ebenfalls frei kletterbaren Schlitzschacht, der an der östlichen Raumbegrenzung, 2 m über dem Grund einmündet. An der Westseite mündet der erste Schacht der Gruselgalerie ein und bricht gleich weiter in einen 5 m tiefen Blindschacht ab. Die Fortsetzung ist ein in Richtung NNO ziehender Canyon, in dem zu Beginn einige größere Blöcke überklettert werden müssen und in dem man weiter abkletternd einen halbrunden Raum mit Naturbrücke erreicht. Der weiterführende Canyon wird nun zusehends engräumiger und mündet 8 m nach dem Raum mit einem Linksknick in ein kleines Labyrinth von engen und teils unschliefbaren Röhren und Spalten. Beim darauffolgenden Rechtsknick konnte eine Gesteinsrippe abgeschlagen und so noch einige Meter weiter vorgedrungen werden. Doch schon bei der nächsten Biegung teilt sich die Strecke endgültig in zwei unschliefbare Fortsetzungen, die in eine quer verlaufende, etwas tiefer liegende Kluft münden.
Beobachtungen: Starke auswärtsgerichtete Wetterführung war während der Vermessungen zwischen Eingangsbereich und Abbruch in den Hauptschacht sowie am Beginn der am Grund des Hauptschachtes ansetzenden Fortsetzung spürbar. Weniger deutlich, aber dennoch wahrnehmbar war die Wetterführung in den bis zum unschliefbaren Ende weiterführenden Gängen. Am 23.6.2011 wurde in der Engstelle unmittelbar oberhalb des Hauptschachtes eine kurzfristige Umkehr der Wetterführung beobachtet. Als Ursache kann ein zu diesem Zeitpunkt vorüberziehendes Gewitter mit starken Sturmböen vermutet werden.
Am 7.8.2011 wurde im Bereich des Hauptschachtes eine Fledermaus im Flug beobachtet sowie eine weitere in den engen Canyons nach der Gruselgalerie (wahrscheinlich Bart- oder Brandtfledermaus). Weiters wurden drei Fledermausschädel aufgesammelt und an Simone Pysarczuk zur dankenswerten Bestimmung übergeben: 1 Individuum Myotis brandtii (Brandtfledermaus), 1 Individuum Myotis myotis (Mausohr), 2 Individuen Plecotus auritus (Braune Langohren), bei letzteren kann auch Plecotus macrobullaris nicht ganz ausgeschlossen werden.
Erforschung und Vermessung: Die Höhle wurde bei einer Geländebegehung am 13.6.2011 durch R. u. W. Fischer aufgefunden. Einige, den Weiterweg versperrende Blöcke waren schnell zur Seite geräumt, und es konnten an diesem Tag 69 m an Ganglänge bei einem Höhenunterschied von -29 m vermessen werden. Am 23.6.2011 wurde, ebenfalls durch R. u. W. Fischer, der Schacht erstmals befahren (8 mm Spit + 8 mm Spit als Rückverankerung) und die anschließenden, überwiegend engräumigen, canyongebundenen Höhlenstrecken bis zur Gruselgalerie sowie ein Seitenteil im Eingangsbereich eingemessen. Die Ganglänge stieg auf 144 m, der Höhenunterschied auf -36 m. Die abschließende Erforschung und Bearbeitung führten T. Gundacker und R. Fischer am 7.8.2011 durch. Dabei wurde der tiefste Punkt der Höhle erreicht und die aktuelle Ganglänge fixiert. Am Höhlenende weiterziehende Canyonröhren sind leider unschliefbar eng.

Literatur:


Eingangsschluf in der Mautentalhöhle (1815/375), Foto: W. Fischer, 13.6.2011

 

Engstelle oberhalb des Hauptschachtes in der Mautentalhöhle (1815/375), Foto: W. Fischer, 23.6.2011

 

Abbruch zum tiefsten Punkt im Hauptschacht der Mautentalhöhle (1815/375), Foto: W. Fischer, 23.6.2011


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