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Artikel in HKM 3/2004:

Der Seetalschacht (1815/332) im Seetal bei Lunz am See, NÖ

von Reinhard Fischer, Eckart Herrmann, Alex Klampfer

Der Seetalschacht wurde am 20. Juli 2003 durch Reinhard Fischer im Zuge einer Wanderung durch die orographisch linke Steilflanke des Seetals entdeckt. Der erst aus nächster Nähe zu erkennende Einstieg wurde nur auf Grund des kühlen Luftzugs, welcher an diesem heißen Sommertag am Wandfuß wahrnehmbar war, aufgefunden.
Eine erste Forschungsfahrt wurde durch Michael Behm, Reinhard Fischer und Alex Klampfer am 21.9.2003 durchgeführt, wobei die Schächte bis zum Abstieg in die Große Halle vermessen wurden (Ganglänge: 106 m). Die zweite, bisher letzte Forschungsfahrt wurde am 27.9.2003 durch Eckart Herrmann, Peter Straka, Michael Behm und Lukas Plan unternommen, wobei die tiefen großräumigen Teile sowie ein Blindschacht im oberen Bereich der Höhle vermessen wurden (Ganglänge: 340 m).

Basisdaten:
L 446 m, H -103 m, He 123 m, Sh 1090 m

Lage:
Der Seetalschacht liegt in der orogr. linken Steilflanke des Seetals bei Lunz am See (NÖ) rund 320 Höhenmeter über dem Mittersee.

Zugang:
Um von der Forststraße durch das Seetal, welche beim Schloss Seehof beginnt, auf die orogr. linke Talseite zu gelangen, überquert man am besten das Holzwehr am Nordende des Mittersees (Kote 766 in ÖK50/71). Nun steigt man den steilen, felsdurchsetzten Waldhang sich immer etwas links (südlich) haltend auf, bis man eine baumfreie Steilrinne erreicht, die bis zum Mittersee hinab führt. An deren rechten Rand in Falllinie weiter aufwärts trifft man in einer Seehöhe von rund 930 m auf einen querenden Jagdsteig. Diesen verfolgt man - die Steilrinne überquerend - in südliche Richtung, wo er kurz danach in Kehren einen Steilaufschwung überwindet. Oberhalb erblickt man ca. 50 Höhenmeter über dem Steig markante Felsbildungen, zu deren Fuß man aufsteigt. Den Wandfuß nach links (Süden) verfolgend, kommt man bald zu jener Stelle, wo sich der verborgene, 3 m über dem Wandfuß befindliche Einstieg durch seine markante, kalte Wetterführung „verrät".

Gesamtcharakteristik:
Die Höhle ähnelt in ihrer Anlage der benachbarten Lechnerweidhöhle: Während in den eingangsnahen Teilen engräumige Canyonstrecken überwiegen, sind die tagfernen Nord-Süd verlaufenden Höhlenteile durchwegs sehr großräumig entwickelt. Die gerade in den engen Canyons, aber auch in den großräumigen Teilen der Höhle deutlich wahrnehmbare Wetterführung dürfte unausleuchtbaren Schloten an der Decke der Großen Halle entströmen. Aufgrund dieser Tatsache und der Nähe zur Lechnerweidhöhle sind gezielte Oberflächenbegehungen geplant.

Raumbeschreibung:
Durch den unscheinbaren etwa 3 m mal 0,8 m großen Eingang, welcher oberhalb einer rund 3 m hohen Kletterstufe liegt, betritt man einen geräumigen Schachtraum, wobei man nach 8 m Abstieg den blockbedeckten Grund erreicht. An der dem Eingang gegenüberliegenden Schachtwand setzt ein enger Canyon an, welcher allerdings nur mittels technischer Querung zu erreichen wäre und daher unerforscht blieb. Wendet man sich Richtung NW, so gelangt man nach Überwindung einer kurzen steilen Schuttrutsche zu einer insgesamt 14 m tiefen Schachtstrecke. Steigt man bis zum Schachtgrund ab, so gelangt man zu einer kurzen verstürzt endenden Fortsetzung. Die Hauptfortsetzung bildet eine zuerst Richtung Osten und anschließend wieder Richtung Norden führende, teils sehr enge Canyonstecke, welche etwas 2 m oberhalb des Schachtgrunds ansetzt. Gerade in diesem Abschnitt ist die Wetterführung besonders stark wahrzunehmen und erreicht bei den Engstellen Windstärke. Nach rund 15 m gelangt man zu einem 20 m tiefen Schacht, welcher zum 10 m mal 4 m großen Schachtgrund abbricht. Während man Richtung N zur Hauptfortsetzung, einem rund 20 m tiefen Schacht gelangt, so erreicht man oberhalb einer Kletterstufe an der östlichen Raumbegrenzung zwei weitere Fortsetzungen. Unmittelbar oberhalb der Kletterstufe setzt eine Richtung Norden über mehrere niedrige Stufen steil nach unten fuhrende Gangstrecke an, welche jedoch wieder in die zuvor erwähnte Hauptfortsetzung abbricht. Verfolgt man das Gangstück oberhalb der Kletterstufe Richtung Osten, so gelangt man zu einem 13 m tiefen Abbruch, der zu einem weiteren etwa 14 m tiefen Schacht führt. Am Schachtgrund ansetzende Fortsetzungen enden verlehmt bzw. unbefahrbar eng.
Zurück zur Hauptfortsetzung: Wendet man sich vom Grund des 20 m tiefen Schachtes Richtung NO, so erreicht man eine kurze Canyonstrecke, welche bald 4 m in eine Raumerweiterung abbricht, die sich als 180° gegen rechts drehende Canyonschlinge herausstellt. Schon nach wenigen Metern ist der nächste 4 m tiefe Abbruch erreicht. Lose verkeilte Felsschuppen und brüchige Seitenwände erfordern hier große Vorsicht. Mit dieser Stufe erreicht man einen Balkon im Deckenbereich einer riesigen Halle. Linkerhand kann man heikel zu einem kleinräumigen Schlotraum queren, die 24 m tiefe Abseilfahrt in die Halle empfiehlt sich wegen des sonst brüchigen Gesteins am rechten Rand des Balkons.
Die Halle, die man am Grund eines seitlichen Schachttrichters betritt, ist von dem in zwei Richtungen anschließenden Tunnel kaum abzugrenzen und aufgrund des unebenen Bodens kaum zu überblicken. Ihre Dimensionen können mit etwa 50 m Länge, 35 m Breite und 20 m Höhe angegeben werden. Um ins Zentrum der Halle zu gelangen muß zuerst der aus aufgetürmten Blockwerk und Lehm bestehende, sehr steile Hang des Schachttrichters erklommen werden. Von einem Lehmsattel mit verstreuten Versturzblöcken aus erkennt man eine nach Norden abfallende und eine nach Süden ansteigende Fortsetzung der Halle. Neben dem Zugangstrichter befindet sich ein zweiter 9 m tiefer Schachttrichter, der vermutlich wie der erste durch Tropfwasser gebildet wurde. Vor der dem Zugang gegenüberliegenden Wand der Halle ist ein 2-3 m erhöhter, ebener Bodenstreifen aus sandigem Lehm erhalten, der mit einer in Tropftrichter und Lehmbäumchen aufgelösten Wand zum Schuttboden in Hallenmitte abbricht. Insgesamt herrscht in der Halle grobes Blockwerk vor. In der sanft abfallenden Nordfortsetzung verringert sich die Raumhöhe bald auf unter 10 m und an einem unerforschten, vermutlich über 15 m hohen Deckenschlot schlagartig auf 2,5 m, die Raumbreite beträgt anfangs 15 m, in der Folge lässt ein Deckensturz nur mehr einen 5 m breiten, gebückt begehbaren Zugang zum nächsten über 10 m ausladenden Gangabschnitt. Der Blockboden wird zunehmend von trockenem Feinsediment abgelöst, in das vereinzelt halb verfestigte Tropftrichter eingetieft sind. Nach insgesamt 50 m musste erst eine schwach bewetterte Engstelle ausgegraben werden, um in die nächste, kleinere Raumerweiterung zu gelangen. Dahinter verliert sich die Gangstrecke in versandeten (verschwemmten) Schlüfen.
Zur nördlichen Fortsetzung steigt die Halle mit einer enormen Schutthalde steil an. Der ansetzende Gang ist über 10-15 m breit und hoch. An der östlichen Raumbegrenzung bzw. im Bodenversturz davor sind kleinräumige phreatische Röhren mit sandigem Sediment angelagert. Der Gang selbst zieht ansteigend insgesamt 50 m Richtung Süden bzw. SE und verjüngt sich. Hinter einer Felsbrücke zieht eine unerforschte Rampe nach Süden, worauf sich die Raumhöhe auf 7 m verringert. Wenige Meter weiter ist ein weiterer unerforschter Seitenschlot angelagert. Danach führt eine abfallende Kriechstrecke in einen niederen Versturzraum, von dem lediglich eine aufwärtsführende bewetterte Kolkfortsetzung ansetzt, die verstürzt endet.

Wetterführung und Fortsetzungschancen:
Der Schacht ist bei hoher Außentemperatur sehr stark auswärts bewettert. Da bis auf den Seitenschacht im Zugangsteil auch alle Gangenden (schwach) einwärts bewettert waren, ist der Ursprung der Wetterführung noch nicht gefunden. Der Luftstrom könnte aus dem Versturzboden im Hallenbereich oder einem der Schlote kommen. Aufgrund der Lage, aber auch aus klettertechnischer Sicht erscheinen die Schlote in der Südfortsetzung am erfolgversprechendsten.

Befahrungshinweise:

StufeSeilVerankerungen
+3 m zum Einstieg20 mUIAA II+, Baum
-8 m 
-15 m15 mSanduhr, x auf -2 m
-21 m25 mx, x auf -3 m
-20 m25 mx + x, x auf -3 m
-4 m6 m 
-4 m35 mSanduhr
-24 m in die Hallex, x auf -11 m
Seitenschacht in der Halle:
-9 m15 mx + x
Seitenschacht unter der 21 m-Stufe:
-10 m40 mSanduhr, x
-15 mx
x = Spit



Abseilen in der 20 m-Stufe, Foto: E. Herrmann


Große Halle, Foto: E. Herrmann


Nördliche Fortsetzung, Foto: E. Herrmann




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