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Artikel in HKM 3/1994:

Überraschungen im Dürrenstein-Osthang (1815)

von Wolfgang Fahrenberger und Reinhard und Walter Fischer

Lagesituation:
Der talschlußähnliche Dürrenstein-Osthang wird nördlich von dem Bergrücken zwischen Dürrenstein (1878 m) und Kl. Dürrenstein (1624 m) begrenzt, wo auch die neu entdeckte Visaviskluft (1815/265) liegt. Im Süden grenzt ihn der vom Dürrensteingipfel ostwärts zur Kote 1690 ziehende „Rauhe Kamm“ ein. Am tiefsten Punkt (Sh. ca. 1540 m) befindet sich eine große Doline mit etwa 150 m Durchmesser (in ÖK50/71–Ybbsitz eingezeichnet). Östlich der Doline schließt das Ätztal an.
Im südlichen Teil des von Bändern und niederen Felsstufen durchsetzten Osthanges fällt eine in Fallinie verlaufende Störung auf. Am Schittpunkt zweier etwa 10 m hoher Felsstufen mit der Störung befinden sich der obere und untere Eingang der Großen Osthanghöhle (1815/215) sowie die Kleine Osthanghöhle (1815/216). Der untere Eingang der Gr. Osthanghöhle liegt in 1760 m Seehöhe (siehe HKM 11/1986, S. 216 f) und stellt den Fußpunkt der Osthang-Außenvermessung dar.
Unweit östlich bis nordöstlich unterhalb befinden sich die Einstiege in die 1993 neu entdeckten Höhlen. Verfolgt man die Störung weiter abwärts, so trifft man auf den Osthangschacht (1815/266) und die Osthangkluft (1815/267). Nordöstlich der Gr. Osthanghöhle befinden sich Bonusschacht (1815/268) und Moosschlüfchen (1815/269). In einer Latschengasse 150 m in Richtung ONO liegt der Echoschacht (1815/270).

Forschungsüberblick:
14.8.1993: Bei einem Besuch der Mooskluft (1815/214) sowie der Gr. und Kl. Osthanghöhle fiel der mächtige Einstiegsschacht des Osthangschachtes (1815/266) auf. Erkundung auf 40 m Tiefe. In der Folge gelang die Entdeckung der Osthangkluft (1815/267), die auch sogleich vermessen wurde. Beginn der Außenvermessung.
21.8.1993: Beginn der Vermessung im Osthangschacht.
18.9.1993: Fortsetzung der Vermessung im Osthangschacht, sowie vollständige Erforschung. Entdeckung von Echoschacht (1815/270) und Visaviskluft (1815/265), sowie Vermessung letzterer. Fortführung der Außenvermessung.
16.10.1993: Abschluß der Vermessung im Osthangschacht. Beginn der Vermessung im Echoschacht bis in eine Tiefe von 33 m. Entdeckung und Vermessung von Bonusschacht (1815/268) und Moosschlüfchen (1815/269). Fortführung der Außenvermessung.
26.10.1993: Fortsetzung der Vermessung und Forschung im Echoschacht bis in eine Tiefe von 125 m bei einer vorläufigen Länge von 143 m.

Beschreibung:
Wählt man für eine Tour in den Osthang die Ybbstalerhütte (1344 m) als Ausgangspunkt, so verfolgt man den markierten Weg zum Dürrensteingipfel (1878 m) bis kurz nach der Einmündung des Weges von der Herrenalm in einer Seehöhe von 1820 m. Hier verläßt man den Weg in östliche Richtung, überquert ein Karrenfeld am Nordrand einer Doline und gelangt so zum Dürrenstein-Osthang. Der steile, felsige Osthang wird hier von nach NO ansteigenden Bändern durchzogen. In einer der Felsstufen fällt eine markante Verwerfung auf, in deren Verlauf sich auch die

Visaviskluft (1815/265, Sh 1775 m, L 6 m, H +1 m) befindet.
Von einem breiten, grasigen Band zwischen Felsstufen steigt man ca. 20 Höhenmeter über eine Schuttrutsche aufwärts zum SO-schauenden, 4 m hohen und 1,5 m breiten Eingang. Die Richtung zum Gindelstein (1626 m) beträgt 128,5° und zur Kote 1690 am Rauhen Kamm 134°.
4 m hinter der Trauflinie bilden Klemmblöcke eine Engstelle nach der sich die Kluft noch kleinräumig 2 m weit fortsetzt. Der leicht ansteigende Boden wird überwiegend von Sedimenten gebildet.

Quert man den Osthang jedoch nicht in nordöstliche Richtung, sondern auf Bändern abwärts in südliche Richtung, so stößt man auf die eingangs erwähnte Störung und in dieser wahrscheinlich zuerst auf einen der drei markanten Eingänge der Osthanghöhlen. Steigt man nun vom unteren Eingang der Gr. Osthanghöhle gut 25 m entlang der Störung ab, so steht man an der oberen Abbruchkante des eindrucksvollen

Plan 1815-266 Osthangschachtes (1815/266 a, b, Sh 1740 m, L 123 m, H -60 m).
Den 5 m x 10 m messenden Schachteinstieg nördlich umgehend gelangt man zu seinem 8 m tiefer liegenden östlichen Ende, wo es möglich ist in leichter Kletterei einerseits zum Abbruch des hier 45 m tiefen Schachtes abzusteigen und andererseits über einen Seilquergang (zwei 8 mm Spit) eine Fortsetzung in der westlichen Schachtwand zu erreichen. Diese schmale kluftartige Strecke setzt sich max. 10 m in westliche Richtung fort. Im Mittelteil kann man 14 m bis zu ihrem grund abseilen (8 mm Spit). Die westliche Raumbegrenzung wird durch Versturzmassen gebildet. Östlich mündet die Kluft mit mehreren Fenstern wieder in den Hauptschacht.
Den besten Abstieg in den Hauptschacht ermöglicht ein zweiter Einstieg, welcher sich in der Störung 5 m unterhalb des oben beschriebenen Schachteinstiegs befindet. Ein kleinräumiger Abstieg (zwei 10 mm Spit) mündet nach 4 m in den Hauptschacht (10 mm Spit) ein. Etwa 12 m tiefer wird die Spitze eines mächtigen Schneekegels erreicht. Nördlich des Schneekegels gelangt man nach weiteren 6 m Abseilfahrt auf eine schmales Band, wo sich eine gut 4 m lange Kammer in nördliche Richtung erstreckt. Auf dem schmalen Band kann der Schacht 15 m bis zu seiner östlichsten Begrenzung gequert werden.
5 m unterhalb der Kammer wird ein weiteres Band erreicht, auf dem man bei günstigen Verhältnissen auf die Südseite des Schneekegels gelangen kann.
Vom Band 6 m abseilend, erreicht man einen Absatz und nach weiteren 8 m den blockbedeckten Schachtgrund. Von hier erstreckt sich ein maximal 4 m breites Gangstück gut 20 m nach Osten, wobei im Mittelteil ein Schneekegel überklettert werden muß.
6 m vor dem Ende kann man in der nördlichen Randkluft noch 3 m zum tiefsten Punkt der Höhle absteigen, weitere 6 m wurden gelotet.

Steigt man vom Osthangschacht weitere 50 m – einige Felsstufen nördlich umgehend – entlang der Störung ab, so trifft auf die in der nördlichen Begrenzung einer wannenartigen, meist mit Schnee erfüllten Vertiefung, gelegenen

Osthangkluft (1815/267, Sh 1705 m, L 10 m, H -5 m).
Vom schmalen Einstieg unangenehm 3,5 m abkletternd gelangt man in die bis 1,5 m breite, 10 m westwärts ziehende Kluftstrecke. Der tiefste Punkt liegt in einem 0,5 m breiten Einschnitt im Mittelteil der Strecke.

Hält man sich vom unteren Eingang der Gr. Osthanghöhle 50 m in Richtung NNO, kommt man zu dem 45 m nördlich vom Osthangschacht, von diesem über ein Band und eine leichte Kletterstelle erreichbar, befindlichen

Bonusschacht (1815/268, Sh 1740 m, L 29 m, H -14 m).
Der kleinräumige Einstieg zwischen Blockwerk wurde erst durch Wegwälzen eines Blockes befahrbar gemacht. Mittels zwei 8 mm Spit links und rechts vom Schachtmund kann eine schöne Dreiecksverankerung gebaut werden. In der oberen Hälfte des 10 m tiefen Schrägschachtes setzt eine in südliche Richtung führende Kriechstrecke an, die nach 6 m im tagnahen Versturz endet. Vom Schachtgrund in südwestliche Richtung kann man Felsvorsprünge treppenartig zum tiefsten Punkt absteigen. Überwindet man den südwärts liegenden Schuttkegel, kommt man noch in eine immer niedriger werdende Strecke, die nach 5 m im Versturz endet.

50 m nordöstlich vom Bonusschacht befindet sich eine niedere Felsstufe an deren Fuß das

Moosschlüfchen (1815/269, Sh 1705 m, L 6 m, H +1 m) liegt.
Es handelt sich um einen bis 1 m breiten Schluf, der beim Ende eine Höhe von 1 m erreicht. Der Boden besteht beim Einschlupf aus Sedimenten, weiter hinten aus Blockwerk.

Vom Moosschlüfchen führt eine steile Rinne abwärts zu einer etwa 50 m tiefer liegenden, steilwandigen Doline. In einer der Doline südlich angeschlossenen Erhebung öffnet sich am östlichen Ende zweier sich vereinigender Latschengassen der

Echoschacht (1815/270, Sh 1680 m, vorl. L 143 m, vorl. H -125 m).
Am Grund des 26 m tiefen, sich flaschenartig erweiternden Einstiegsschachtes setzt eine mit einem Rechtsbogen abwärtsführende Strecke an die in den über 100 m tiefen Hauptschacht mündet.
Die Erforschung ist noch nicht abgeschlossen. Eine ausführliche Beschreibung dieser Höhle folgt zu einem späteren Zeitpunkt.


LinkVollständige Beschreibung des Echoschachtes siehe in HKM 2/1995: Der Echoschacht (1815/270) am Dürrenstein


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